Der Sarg bei Lebzeiten
—Martin Hudelmaier im Ausstellungskatalog Kulturforum Bonn, 1979
Der Mond Stand im Achten Haus, dem Haus des Todes, in Quadratur zu Jupiter
Wenn ich an die biblische Geschichte des Propheten Jonas denke, dann ist für mich der Sarg zum Wahlfisch geworden, zum Symbol des Lebens und Weiterlebens und nicht zum Zeichen des Todes.
Mit der Arbeit an meinem Sarg habe ich im November 1978 begonnen. Zu dieser Zeit habe ich in meinem Horoskop Konstellationen, die zu Tod führen können, erkannt. Dieses Warnsignal hat mich zur Arbeit an meinem Sarg bewegt.
Der ästhetische Charakter unserer Särge ist gottlos und monoton. Sie haben nichts von Menschenwürde an sich, sondern ähneln vielmehr Kisten, in denen man Fabrikware verpackt, um sie auf weite Reisen zu verschicken.
Diesen Eindruck empfand ich sehr deutlich, als ich mir meinen Sarg beim Sargmacher im Dorf aussuchte.
Der Sarg sollte eine Äußerung unseres Ichs, unserer Persönlichkeit sein – eine Haltung, die die Individualität des Menschen widerspiegelt.
Mit meinem Sarg möchte ich ein Signal für Menschenwürde und –rechte geben.
Schon viel früher beschäftigten mich Gedanken zum eigenen Grabmal. Zwischen Geburt und Tod bestehen geheimnisvolle kosmische Zusammenhänge. Jeder Mensch hat einige Male im Verlauf seines diesseitigen Lebens kosmische Aspekte, die symbolisch als Hinweis für den Tod aufzufassen sind. Die Todeskonstellation erweist sich oft als eine Wiederholung der Geburtskonstellation. So liegt der Gedanke nahe, dass der Tod im Horoskop vielleicht die Geburtskonstellation eines neuen Lebens ist.
Unser Verhältnis zu den Sternen darf aber nicht fatalistisch sein. Mit dem Horoskop gibt uns das Schicksal schon die Größe zu einem Rahmen, zu einem Bild, das wir aber selbst malen können.